Peter Weiermair

Alle Buchveröffentlichungen, die in den letzten Jahren über die verschiedenen Werksabschnitte Gotthard Bonells erschienen sind (und bei einem Gutteil davon war ich ihm nahestehend, beteiligt) haben nicht so sehr mit Gotthards Passion für das Büchermachen zu tun, als sind viel mehr dem Bedürfnis entsprungen einen einmal abgeschlossenen Prozess zu dokumentieren und sich selbst vor Auge zu führen, einmal zusammenhängend gedachte Folgen sollen auch wenn sie der Markt zerreißt, zusammenbleiben.

Man sollte nicht vergessen, dass diese Abschnitte in seinem Werk oft unter Druck entstehen, gewisse große Themen bleiben über diese selbstgestellten Aufträge hinweg erhalten und bei genauerem hinsehen sind es die klassischen, großen Themen der Kunst: Landschaft, Stilleben, Akt und Portrait. Vor allem was das Portrait angeht, ist Gotthard Bonell einer der ganz wenigen, der in dieser Kategorie zu überzeugenden Lösungen findet. Die nun vorliegende Publikation zeichnet eine Eigenart aus: Sie mischt die Genres nämlich, das des Stillebens und das der Körperdarstellung, wobei der Begriff „Hautgrenze“ der erotisch aufgeladen ist, beide Bereiche abdeckt, ja, man die Körper in die Stilleben von Früchten, Blüten und Samen hineinliest wie umgekehrt. Für das groß angelegte vielteilige Werk kleiner „Votivtafeln“ wünscht sich Bonell, dass diese zusammenbleiben, dass die Abfolge und Leserichtung erhalten bleibt. In dieser vielteiligen Folge spielt der Künstler die Vorstellung von der formalen Vieldeutigkeit, der sexuellen und erotischen Metaphorik mit großer handwerklicher Meisterschaft durch. Die Idee einer polymorphen Sexualität setzt er dann in den verschnürten Akten fort. Auch hier interessiert in der Akt der Verschnürung nicht als Ritual, sondern als Möglichkeit einer Verfremdung des Körpers sowie er bei den uns vertrauten kleinen Dingen des Alltags und des oralen Genusses das Vertraute verfremdet. Der barocke Vanitasgedanke spielt bei den Falten ebenfalls eine Rolle. Für Bonell, einen Künstler mit vielen Gesichtern ist Tod und Eros, Genuss und Askese in seiner Bildwelt ständig verbunden.

Peter Weiermeir